8. September 2020
Führung: Frauen in der Technik
Gehört die Zukunft in der Technik den Frauen?
Nimmt man die Kurse des go tec! Labors der Industrie- und Wirtschafts-Vereinigung Schaffhausen zum Massstab, so sind Mädchen mindestens so technikaffin wie Knaben. Doch die Zahlen in den Ingenieurwissenschaften sprechen eine andere Sprache und liegen bei 27,5 Prozent (2018), und mann ertappt sich dabei, das als überraschend hoch zu taxieren. Immerhin fehlt es heute nicht mehr am guten Willen der Verantwortlichen, denn es ist allgemein anerkannt, dass der Fachkräftemangel in den technischen Berufen nur mit Hilfe der Frauen gelindert werden kann.
Trotz Nobelpreisen nicht akademiewürdig
Dreht die Historikerin das Rad der Geschichte zurück, wie Franziska Eggimann, Leiterin der Eisenbibliothek und Vorstandsmitglied des Museumsvereins Schaffhausen, im Rahmen ihrer Führung «Frauen in der Technik», so kann sie keineswegs aus dem Vollen schöpfen. Sie erzählte, entsprechende Bilder und Bücher zeigend, von Marie Curie (1867-1934), die den Begriff «radioaktiv» für die Strahlung von Uranverbindungen prägte und 1903 den Nobelpreis Physik sowie 1911 jenen für Chemie erhielt. Und sie erzählte von deren Tochter Irène Joliot-Curie, die 1935 zusammen mit ihrem Ehemann den Chemienobelpreis für die Entdeckung der künstlichen Radioaktivität zugesprochen bekam. Doch nicht einmal bei diesen Technik-Vorzeigefrauen verlief die Karriere störungsfrei. An einer Ausstellung über Marie Curie an der Universität Hamburg hiess es 1985: «Weniger bekannt pflegen die Schwierigkeiten zu sein, auf die sie stiess: sie wurde nicht zum Studium an der Warschauer Universität zugelassen, verdiente das Geld für ihre ersten Forschungen als Mädchenschullehrerin, und noch 1911 (!) wurde ihr die Aufnahme in die französische Akademie der Wissenschaften verweigert.» Und dass sie sich beim Völkerbund engagierte und sich für die medizinische Nutzung ihrer Entdeckungen interessierte, nimmt kaum jemand zur Kenntnis.
Eine weitere bemerkenswerte Frau, auf welche Franziska Eggimann aufmerksam machte, war die Geologin Lou Hoover-Henry, ein Sprachgenie, das 1912 zusammen mit ihrem Mann Herbert Hoover eine kommentierte englische Übersetzung von Georgius Agricolas «De re metallica» herausbrachte. Sie brachte es später zwar zur First Lady der Vereinigten Staaten (1929-1933), doch ihre wissenschaftlichen Ambitionen musste sie hintenanstellen.
Forschungslücken in der Schweiz
Und Schweizerinnen? Schaffhauserinnen? Franziska Eggimann vermochte keine Namen von Frauen zu nennen, die in der Technik vor dem Zweiten Weltkrieg Karriere machten. Allerdings scheint das Thema in der Schweiz noch nicht gründlich erforscht zu sein.
Natürlich gab es Frauen, die in der Metall- und Maschinenindustrie arbeiteten, vor allem in jenen Bereichen, wo es um Genauigkeit und Konzentration und weniger um Kraft ging. Und während der beiden Weltkriege mussten die Frauen, weil die Männer im Aktivdienst waren, ihren Mann bzw. ihre Frau stellen und die Wirtschaft fast im Alleingang in Betrieb halten. Dabei durften sie zeitweise sogar bequeme Hosen anziehen. Diesbezüglich befinden sich in der Eisenbibliothek nicht nur spannende Fotobände, sondern auch statistische Frauen-Arbeitsbücher, in welche sämtliche Frauen mit Beginn und Ende ihrer Tätigkeit eingetragen sind. Sie auszuwerten wäre vielleicht einmal eine spannende Maturaarbeit…